Über 140 Jahre organisiertes Sportfechten in Dresden

19. Jahrhundert bis II. Weltkrieg

Seit dem Dreißigjährigen Krieg war das Fechten in Deutschland fast ausschließlich das Vorrecht des Adels und der Studenten. Zivilpersonen durften Blankwaffen nicht führen. Schließlich wurde 1840 auch an den deutschen Universitäten der Gebrauch des Degens wegen vieler tödlicher Raufhändel verboten. Nach der bürgerlichen Revolution von 1848 wurde in den Turnvereinen immer mehr der Wunsch geäußert, darin auch das Fechten zu pflegen. In der Zeit nach den Befreiungskriegen von 1813 und dem Ende der napoleonischen Herrschaft erstarkte das Bürgertum in Deutschland. Die Ideen, Gedanken und Vorschläge Friedrich Ludwig Jahns und Karl Friedrich Friesens zu einer gesunden Lebensweise durch regelmäiges Turnen und Sporttreiben fassten Fu߸ in den Köpfen der aufgeschlossenen Bürger. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts organisierten sich immer mehr Turn- und Sportvereine in den deutschen Städten und Gemeinden. Sie wurden bald zu einem geschätzten Hort der turnerischen Betätigung und der frühlichen Gemeinsamkeit. So wurde in Dresden u.a. der "Allgemeine Turnverein" (ATV) und 1861 der "Turnverein für Neu- und Antonstadt" (TV N. u. A.) gegründet. Am 6. Februar 1861 gründete der frühere Fechtmeister der sächsischen Armee Ernst Wilhelm Staberoh im TV N. u. A. eine erste Fechtriege in Dresden mit 15 Mann Beteiligung. Es wurde zunächst mit Florett und ab 1864 auch mit Säbel gefochten. Das Fechten wurde neben dem Turnen absolviert und die Fechtriege hatte keine eigene Organisationsform. Etwa um 1885 lie߸ der Turnrat des TV N. u. A. hintereinander mehrere Fechtlehrgänge mit dem ausgesprochenen Ziel abhalten, einen Stamm gut ausgebildeter Fechter zu gewinnen und innerhalb des Vereins dem Fechten unter engem Anschluss an das Turnen eine Pflegestätte zu bereiten. Nach Bildung einer neuen Fechterriege im Jahre 1886 erfolgte die Gründung einer eigenständigen Fechterschaft im Turnverein für Neu- und Antonstadt. Die fechterische Ausbildung in Dresden lag über drei Generationen in den Händen der Familie Staberoh. Nach Armeefechtmeister Enst Wilhelm übernahm dessen Sohn Georg Staberoh die Ausbildung. Dessen Sohn wiederum, der Diplomfechtmeister Herbert Staberoh, wurde 1918 Fechtlehrer im TV Neu u. Antonstadt. Er führte damals die ungarische Fechtweise in das Ausbildungsprogramm der Fechter ein. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg entwickelte sich der Fechtsport in Dresden derart, dass eine ganze Reihe von Turnvereinen Fechtabteilungen einrichteten oder sich eigenständige Fechtkörperschaften bildeten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, seien hier genannt: Der Allgemeine Turnverein (ATV) Dresden, die Tumgemeinde Dresden, der Dresdner Turnverein 1887, der Dresdner Turnlehrerverein, der Dresdner Fechtverein, der Dresdner Fechtclub, die Deutsche Fechterschaft Dresden, der Dresdner Reserve-Offizier Fechtclub. Diese Vielzahl von Fechterschaften in Dresden führte im Laufe der Zeit zur Einführung gemeinsamer zwangloser Fechtabende und vielen Wettkampftreffen. Auch der 1899 gegründete Verein für Vaterländische Festspiele", an dem sich die Fechter beteiligten, trug zur Verbreitung des Fechtsports in Dresden bei. Diese positive Entwicklung vollzog sich in Sachsen vornehmlich in den Städten und führte schließlich zur Gründung des sächsischen Turnerfechtverbandes. 1911 wurde der mehr zum gehobenen Bürgertum orientierte Deutsche Fechter-Bund (DFB) und 1912 der Fechtverband der Deutschen Turnerschaft gegründet. Es musste dann eine Zeit bis 1926 vergehen, dass beide Verbände erstmals gemeinsame Deutsche Meisterschaften durchführten. Die Pflege fechterischer Traditionen setzte sich auch in den 20er und 30er Jahren bis in die Tage des 2. Weltkrieges fort. Im September 1942 fanden in den Sälen des Dresdner Gewerbehauses auf der Ostra-Allee die Deutschen Meisterschaften im Einzelfechten statt. Aus Sachsen ging als einziger Dresdner Fechter der Gefreite Günter Köler von der Deutschen Fechterschaft Dresden in den Waffen Florett und Degen an den Start.

Nachkriegszeit bis zum Ende der DDR

Nach dem 2. Weltkrieg wird der Fechtsport im Osten Deutschlands durch die sowjetische Militäradministration zunächst nicht zugelassen. Erst im Mai 1951 kam es in Berlin zur Gründung der Sektion Fechten der DDR, nachdem der Fechtsport wieder in das Programm des Deutschen Sportausschusses der DDR aufgenommen worden. Im gleichen Jahr folgten die Gründungen der Fechtsektionen im Land Sachsen und im Kreis Dresden. Maßgeblich beteiligt daran waren die Dresdner Sportfreunde Georg Haaser, Curt Günther und Günter Köler. Am 6. Juli 1951 gründete sich die erste Dresdner Fechtsektion bei der Betriebssportgemeinschaft Motor Dresden-Ost. Nach eifriger Werbung in der Presse meldeten sich 321 Mitglieder an, meist schon früher tätig gewesene Fechter. Zur Aus- und Weiterbildung wurde der einzige noch in Dresden lebende Diplom-Fechtmeister Melichar angestellt. 1952 gründeten dann die Brüder Gaumnitz mit den Sportfreunden Gierth, Meier und Winkler die Sektion Fechten bei der BSG Lokomotive Dresden und Sportfreund Förster eröffnete eine Sektion Fechten bei der TH (später TU) Dresden. Es folgten im Laufe der Jahre noch Fechtsektionen bei der BSG Empor Dresden-Löbtau und bei der BSG Kunst Dresden. Es ging aufwärts mit dem Fechten in Dresden und der bald einsetzende Wettkampfbetrieb im DDR Maßstab brachte für Dresden große Erfolge. 1952 wurde Günter Köler DDR-Meister im Degenfechten und die Dresdner Damen wurden mehrfach DDR-Meister im Damenflorett. 1954 beginnt die DDR-Führung mit der Bildung von Sportclubs und im Dezember 1954 wird beim Sportclub Einheit Dresden als zweite Sektion (nach den Fußballern) das Fechten installiert. Zum ersten Trainer wurde Günter Köler berufen, ihm zur Seite stand Karl Kerstenhahn, ein Fechtlehrer aus Frankenberg/Sa. Die erste Trainingsstätte in sehr bescheidenen Verhältnissen war eine Schulturnhalle in Dresden-Striesen. 1966 zogen die Fechter in ihr noch heute bestehendes Domizil an der Pieschener Allee l, in dem Gebäude unmittelbar vor dem alten Freiluft-Eisstadion. 1966 übernimmt Peter Proske das Amt des Cheftrainers. Unter seiner Leitung wird der SC Einheit Dresden von 1972 bis 1980 in ununterbrochener Reihenfolge DDR-Mannschaftsmeister im Herrenflorett. Der SC Einheit Dresden entwickelte sich zum leistungsstärksten Florettclub in der ehemaligen DDR. Dazu einige Beispiele: - Mandy Dick-Niklaus: Neben vielen Finalplatzierungen bei Weltranglistenturnieren 1982 Weltmeisterschafts-Bronzemedaille im Damenflorett. - Klaus Haertter: Mehrfacher Olympiateilnehmer und 1980 4.Platz mit der Herrenflorettmannschaft bei den Olympischen Spielen in Moskau - Udo Wagner: 1983 fünfter Platz bei der Junioren-Weltmeisterschaft und 1988 Silbermedaille im Herrenflorett bei den Olympischen Spielen in Seoul.

Wendejahre

Nach der Wende trat 1990 die ehemalige Fechtsektion des SC Einheit Dresden dem wieder gegründeten Dresdner Sportclub 1898 e.V. und erhält vorerst für eine Übergangszeit den Status eines Bundesleistungszentrums unter der Leitung von Peter Proske. Wegen kaputter Strukturen im Sport- und Verwaltungsapparat, ausbleibender finanzieller Mittel und nicht vorhandener Sponsoren war die Anfangszeit erst kompliziert. Nach und nach suchten die erfolgreichsten Sportler und eine ganze Reihe von Trainern ihr Glück in den alten Bundesländern. Das Bundesleistungszentrum konnte ab 1992 nicht mehr gehalten werden und Bundesfördermittel gingen damit verloren. Nachdem auch Peter Proske keine andere Wahl hatte und dem Ruf der Fechthochburg Tauberbischofsheim folgte, blieben gerade noch zwei Trainer übrig. Aber auch deren finanzielle Absicherung war anfangs unsicher. Unterstüzung erfuhren sie durch ehemalige aktive Fechter, die sich als Trainer und Übungsleiter ehrenamtlich zur Verfügung stellten. Die Arbeit wurde verlagert vom ehemaligen Hochleistungsbereich der DDR-Zeit auf eine stabile Nachwuchsentwicklung im Schüler-, Jugend- und Juniorenbereich.

Heute

Die Fechtabteilung des Dresdner Sportclub 1998 e.V. gliederte sich 1998 schließlich aus und wurde ein selbstständiger Fechtverein. Seit dem ist der Dresdner Fechtclub 1998 e.V. das Leistungszentrum des Dresdner Fechtsports und gehört zu den fürenden Vereinen in Sachsen. Immer wieder entwickelten sich, in Kooperation mit den Sportschulen, starke Fechter. Diese setzten ihre Ausbildung meist im Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim fort. Neben dem Dresdner Fechtclub existierte bis 2009 nur eine sehr kleine weitere Fechterschaft als Sektion des USV TU Dresden. Hier wurde allerdings keine Nachwuchsarbeit geleistet. Seit 2005 bildet die TU Dresden gemeinsam mit dem Dresdner Fechtclub wieder Studenten im Fechten aus. 2009 schließlich gründeten sich im Raum Dresden weitere Fechtvereine bzw. Fechtschulen. Die ARTOS Fechtschule Dresden nahm im November 2009 in Dresden, Stadtteil Trachenberge die Ausbildung von Fechtern in allen Altersbereichen auf. Damit existierte erstmals ein privates Fechtprojekt im Großraum Dresden. Im Dezember 2009 erfolgte die Gründung des Fechtclub Radebeul e.V., wo nun auch Kinder und Jugendliche aus Radebeul, das Fechten erlernen können. Damit bietet die Region Dresden wieder ein vielfältiges Angebot an Fechteinrichtungen.

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